Piazza san Carlo Torino

Gäbe es keinen Wermut in der Cocktailbar, müssten die Bar-Geschichtsbücher neu geschrieben werden. Es gäbe keinen Negroni, keinen Martini und keinen Manhattan. Alles Klassiker, die nicht ohne den Aperitifwein auskommen. Und alles Klassiker, die noch immer die Bars der Welt beherrschen. Woher kommt der Wein und wie wird er hergestellt?

Wermutherstellung

Vereinfacht betrachtet besteht Wermut aus vier Bestandteilen, die während der Herstellung zusammengefügt werden. Die Basis bilden dabei Weißweine. In Italien sind es meisten Weine der Trebbiano-Traube. Bei den Franzosen sind es zum Beispiel Picpoul oder Clairette du Languedoc. Ausschließlich beim Rosé-Wermut darf Rotwein verwendet werden. Wermut Rosso wird mit Karamell eingefärbt. Das gibt dem roten Wermut einen ganz typischen Geschmack. Die zweite Zutat sind Aromenauszüge von Kräutern. Allen voran natürlich das Wermutkraut. Andere Kräuter und Pflanzen können Sternanis, Gewürznelken, Lavendel, Sandelholz, Engelwurz Chinarinde oder Kardamom sein. Um die Bitterstoffe etwas abzumildern, wird dem Wein Zucker (manchmal in Form von Traubenmost) hinzugegeben. Je nach Machart kann der Zuckeranteil stark varieren. Der vierte Bestandteil ist Alkohol. Mit ihm wird der verstärkte Wein schließlich auf eine Trinkstärke von 14,4 bis 16 Prozent Alkohol gebracht.

Die Geschichte des Wermut

Die Ursprünge des veredelten Weines gehen angeblich bis ins 5. Jahrhundert vor Christus zurück. Schon Hippokrates soll sich; natürlich für gesundheitliche Zwecke seinen eigenen kräuterhaltigen Wein angesetzt haben. Die Bezeichnung „Vermouth“ lässt sich erstmals 1773 schriftlich finden. Sehr wahrscheinlich war es Antonio Benedetto Carpano, der 1786 in Turin das erste Rezept kreierte. Schon zu dieser Zeit, also vor gut 230 Jahren, wurde Aperitifwein mit Bitteressenz gemischt. Das erinnert stark an den Vermouth Cocktail. Der wird schon 1862 im ersten Cocktailbuch überhaupt von Jerry Thomas (Bartender’s Guide) gelistet. Aus der Mischung entsteht 1870 in Turin der Punt e Mes. Ein sehr bekömmlicher Vetreter mit einer ausgeprägten Bitternote. Doll zum Purtrinken oder vermixen im Negroni oder Manhattan.

Turiner Originale

Ein ebenso altes Wermut-Haus aus Turin ist das der Familie Cinzano. Sie können auf der Weltausstellung 1862 in London gleich zwei Goldmedaillen für ihren Weinaperitif abräumen. Nur ein Jahr später; 1863 wird der heutige Markführer von den Alessandro Martini, Teofilo Sola und Luigi Rossi gegründet. Die Wermuts von Martini und Rossi sind die mit Abstand meistverkauften Turiner Weine und eine weltweit bekannte Marke.

Wermut aus Frankreich

Spätestens 1813 wird auch in Frankreich Wermut hergestellt. Allen voran hat sich das Haus Noilly Prat um das Renommee des französischen Weinaperitifs verdient gemacht. Die französischen Vertreter sind meist viel trockener als ihre italienischen Brüder. Demnach wird in alten Cocktailbüchern auch der trockene Wermut als französischer und der süße als italienischer bezeichnet.

Cocktail Box

Mach deine Cocktails selbst

Renaissance für den Wermut

Seit dem Carpano vor neun Jahren ihr gut gehütetes Originalrezept von 1786 relaunchten, läuteten sie damit eine kleine Wermut-Renaissance ein. Alte Marken wie Gancia (Italien), Dolin (Frankreich) oder Routin (ebenfalls Frankreich) rücken wieder verstärkt in das Bewusstsein von Barkeepern und Genießern. Aber auch neue Marken versuchen von dem Trend zu profitieren. Darunter sind auch einige Deutsche Produkte. Zum Beispiel der sehr erfolgreiche Belsazar, der Znaider aus Berlin oder ein Wermut aus dem Hause Saar Dry Gin.

Apéritif à base de vin

Aber Vorsicht! Nicht jeder Weinaperitif ist ein Wermut. Es gibt vor allem in Frankreich eine sehr interessante Gruppe von Apéritif à base de vin, die nicht zu den Wermuts zählen. Dazu gehören unter anderem Lillet, Dubonnet oder Saint-Raphael.

 

Titelbild: Piazza san Carlo in Turin (Quelle: Flickr / Alessio Maffeis)

2 Comments

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.