Flüssige Medizin
Der Penicillin Cocktail gehört ganz klar zu den großen Klassikern des 21. Jahrhunderts. Er hat es in Windeseile geschafft, rund um den Globus seine Anhänger zu finden. Und das auch zu Recht. Eine anspruchsvolle Kombination aus verschiedenen Scotch Whiskys, etwas Frucht, geschmeidigem Honig und exotischem Ingwer.
Wenn sich der pfiffige Mixologe das Rezept des überaus erfolgreichen Penicillin Cocktails anschaut, fragt er sich, warum ihm die einfache, auf der Hand liegende Idee für so einen Drink nicht selbst gekommen ist. Der Gedanke kommt oft bei gleichermaßen einfachen aber komplexen Drinks wie dem Gin Basil Smash oder dem Old Cuban auf. Vor allem weil in solchen Fällen die Zutatenauswahl keine große Hexerei darstellt. Ingwer ist keine neue Zutat an der Bar. Schon im ausgehenden 19. Jahrhundert war Ginger Beer am Tresen verbreitet. Honig lässt sich auch schon wenige Jahre später während der Prohibition in Cocktails finden. Der Bee’s Knees ist so ein Drink. Warum also, fragt sich der grübelnde Barmann, habe ich diesen einfachen Drink nicht ersonnen.
Wenn das mal so einfach wäre! Dazu gehört immer viel Verständnis für den Aufbau klassischer Drinks und langes Ausprobieren und Verändern der Rezeptur.
1999 eröffnet Sasha Petraske das Milk & Honey in New York. Das Milk & Honey gilt als eine der tonangebenden Bars im 21. Jahrhundert. Viele andere Barkeeper und Konzepte haben sich von der Bar inspirieren lassen. Trotzdem Sasha Petraske erst wenige Jahre Erfahrungen in einer Weinbar gesammelt hatte, machte er in seiner eigenen Bar vieles intuitiv richtig. Trends wie Speakeasy Bars oder das Mixen von Prä Prohibitions Drinks werden ihm zugeschrieben. Ganz ohne Frage war die New Yorker Bar maßgeblich am Cocktail Revival der vergangenen Jahre beteiligt. Ein Drink, der wie kein anderer für das Milk & Honey steht ist der Gold Rush aus dem Jahre 2001 von T.J. Siegal. Ein Whiskey Sour mit Honig statt Zuckersirup.
2004 verstärkt Sam Ross aus Melbourne das Team um Sasha Petraske. Als eine Lieferung der Compass Box Whiskys im Milk & Honey eintrifft, macht sich der Australier daran, die Whiskys in den Gold Rush Cocktail einzuarbeiten. Er nahm eine große Portion vom Asyla (Blended Scotch Whisky) und einen Hauch vom torfigen The Peat Monster und machte daraus mit einem hauseigenen Ingwer-Honig-Sirup eine Adaption auf den Gold Rush. Von diesem Zeitpunkt an, war der Siegeszugs des Penicillin nicht mehr aufzuhalten. Sam Ross war als Berater die nächsten Jahr viel in den USA unterwegs und verbreitete den Drink nachhaltig, bis er viral die Bar Communities weltweit begeisterte.
5 cl Blended Scotch
1 cl Islay Whisky
2 cl Honig-Ingwer-Sirup
2 cl Zitronensaft
Alle Zutaten außer den Islay Whisky in einen Shaker geben und kräftig schütteln. Anschließend in einen mit Eis gefüllten Tumbler geben. Den Islay Whisky dazugeben und mit einem Stück kandiertem Ingwer garnieren.
Ob guter Scotch in einen Cocktail gehört, wird immer wieder diskutiert. Allen radikalen Scotch Pur Trinkern kann ich als Barkeeper nur sagen, dass die Tradition guten Whisky zu vermixen älter ist, als guten Single Malt außerhalb Schottlands pur zu trinken. Es ist vor gut 40 Jahren in Mode gekommen, Single Malts auch außerhalb seiner Heimat zu trinken. Doch schon viele Jahre zuvor wurden Blended und noch früher sogar Single Malt Scotchs in Cocktails verarbeitet. Also keine Sorge. Die anderen Zutaten in einem Cocktail können dem Scotch, auch wenn es mal ein Single Malt ist, gut zur Seite stehen und seine Aromen sogar noch verstärken. Gerade bei einem rauchigen Islay Whisky sind Süße und Fruchtigkeit ein willkommener Kontrast. Wer sein Dry Aged Wagyu Steak ohne Beilagen essen möchte, kann das gerne machen. Doch die meisten werden dazu eine Soße und Gemüse genießen. Das gleiche gilt für einen guten Single Malt. Stellt man ihm andere hochwertige Zutaten zur Seite, kann das Ergebnis großartig werden.
1 Comment
Super informativ! Weiter so 😉