Mit dem Mary Pickford Cocktail haben wir einen typischen Vertreter eines Prohibitions Drinks vor uns. Die USA sind zwölf Jahre dazu verdammt, wenn überhaupt, dann in der Illegalität Alkohol zu trinken.Wer es sich leisten kann, reist über das Wochenende oder im Sommer nach Kuba und erfreut sich hier an der neuen blühenden Barlandschaft. Sowohl die Barkeeper als auch die Gäste aus den USA machen auf der Karibikinsel mit ihrem gewohnten Ritualen weiter und verhelfen dabei dem Rum zu seinem Welterfolg und anhaltenden Ruhm. In den 1920er Jahren erreichte die Rohrzuckerspirituose die Popularität von Whisky oder Gin.
Auch wenn es schon vor der Prohibition einige Cocktails mit Rum gab, entwickelten sich in der Blütezeit der kubanischen Bargemeinde eine Vielzahl von neuen Kreationen. Dazu gehört auch der Mary Pickford. Eine Kombination aus leichtem kubanischen Rum, frischen Ananassaft und Grenadine. Etwas später hat sich noch Maraschino Likör als vierte Zutat hinzu gesellt (Harry Craddock Savoy Cocktail Book, 1930).
5 cl Kubanischer Rum
2,5 cl Ananassaft
0,75 cl Grenadine
0,5 cl Maraschino Likör
Alle Zutaten kräftig shaken und in ein gekühltes Cocktailglas geben. Mit einer Cocktailkirsche garnieren.
Wieder einmal ein Cocktail, dem schwer der Schopfer zuzuordnen ist. Gleich drei Herren stehen zur Auswahl, den Mary Pickford Cocktail geschaffen zu haben. Eddie Woelke und Fred Kaufmann scheinen dabei die zwei zu sein, die in die engere Auswahl kommen. Einige wenige Quellen nennen noch Constante Ribalaigua Vera. Wie aber der umtriebige Eigner der La Floridita Bar aus Havanna zu dem Cocktail gekommen sein soll, erschließt sich mir in keinster Weise.
Die beiden anderen Gentlemen kommen schon eher in Betracht. Sie haben zusammen im Hotel Sevilla Baltimore in Havanna gearbeitet. Die Barkeeper waren wegen der Prohibition in den USA nach Kuba emigriert. Hier konnten sie unweit ihrer vorherigen Wirkungsstätten und mit vielen vertrauten Gästen, die ihnen zum Feiern, Trinken und Genießen auf die Insel nach reisten, ihrem Handwerk nachgehen.
Wieso einige Eddie Woelke für den Macher des Mary Pickford Cocktails halten, kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen. Der Autor Basil Woon beschrieb in seinem Buch When It’s Cocktail Time in Cuba (1928) die Entstehung des Drinks. Dabei nennt er ganz explizit Fred Kaufmann als den Barkeeper, der den Cocktail erfunden hat. Ziemlich eindeutig also. Eddie Woelke wird in keiner mir bekannten Quelle genannt. Er wird wahrscheinlich nur deswegen aufgeführt, weil auch er, wie Fred Kaufmann im Hotel Sevilla Baltimore hinter dem Tresen stand.
Das Hotel Sevilla Baltimore ist mit ziemlicher Sicherheit der Entstehungsort des Mary Pickford Cocktails. Auch hier wird gelegentlich das Hotel Nacional de Cuba als Schöpfungsort genannt. Aber auch das kann nicht sein. Hier helfen uns wieder die Aufzeichnungen des Basil Woon’s, der schon 1928 vom Mary Pickford Cocktail schreibt. Das Hotel Nacional de Cuba eröffnete allerdings erst 1930 und kann somit nicht der Geburtsort des Drinks sein.
Was als ziemlich wahrscheinlich gilt, ist die Geschichte, wie der Drink zu seinem Namen kam. Die Stummfilm Schauspielerin Mary Pickford verbrachte Mitte der 1920er Jahre einige Tage auf Kuba. Sie war mit ihrem Mann und Charly Chaplin auf der Insel unterwegs. Mary Pickford gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der us-amerikanischen Filmindustrie. Sie war unter anderem Mitbegründerin der Academy of Motion Picture Arts and Sciences. Diese Vereinigung vergibt alljährlich die Oscars.