Weinkeller Florio
Was Sherry und Port Wine in den letzten 150 Jahren überwiegend geschafft haben, war Madeira und Marsala nicht unbedingt vergönnt. Sherry und Port konnten auch in Zeiten, in denen die edlen Weine wenig angesagt waren, ihre hohe Qualität halten. Das vermochten Madeira und Marsala nur mit wenigen Ausnahmen. Doch seit gut 30 Jahren holen die beiden in Sachen Qualität mächtig auf. Ein triftiger Grund, sich ausführlich mit Marsala und Madeira zu beschäftigen. Heute soll es um den italienischen Marsala gehen.
Alle vier oben genannten Weine sind Vertreter der verstärkten Weine. Also Weine, die ursprünglich vor allem für den langen Seeweg mit Weingeist aufgespritet wurden. Denn umso höher der Alkoholgehalt, desto länger ist ein Wein in der Regel haltbar. Heute gilt das nicht mehr zwingend. Die Weinhersteller können ihre Produkte mittlerweile auch mit anderen Methoden lange haltbar machen. Port und vor allem Sherry waren vor gut 250 Jahren der Maßstab in Sachen verstärkter Wein. Sie galten als Nonplusultra und wurden zu hohen Preisen gehandelt. Da verwundert es nicht, dass Weinhändler auf der Suche nach günstigeren Alternativen waren.
Einer dieser suchenden Weinhändler war John Woodhouse. Der Engländer hat den Marsala maßgeblich zu dem gemacht, was wir heute unter dem Begriff Marsala kennen. Er probierte 1773 den auf Sizilien weit verbreiteten perpetuo. Dieser Wein wird für viele Jahre im Fass gelagert. Wenn Wein entnommen wird, verbleibt stets ein kleiner Rest im Fass. Auf den zurückgebliebenen Teil kommt dann frischer Wein. Ganz ähnlich wie beim Solera Verfahren in Andalusien, das für den Sherry-Ausbau angewandt wird. Woodhouse war begeistert und machte den perpetuo, mit dem gerade beschriebenen Aufspriten durch Weingeist für die lange Überfahrt nach England haltbar. Der aus der sizilianischen Hafenstadt verschickte und gelegentlich mit Most gesüßte Wein kam in England gut an.
Damit blieb Woodhouse nicht lange der einzige, der das Potential des Marsalas erkannte. Weitere große Kellereien traten auf den Plan. Eine davon war die erste italienische. Das Haus Florio machte den Wein auch im eigenen Land und im europäischen Ausland bekannt. Selbst heute noch zählt es zu den dominierenden Kellereien. Eine weitere Osteria, die sich um den Ruhm des Marsalas verdient gemacht hat, ist die der Pellegrinos.Sie haben insbesondere dafür gesorgt, dass Marsala nach seinem Niedergang im 20. Jahrhundert wieder an Qualität zunimmt.
Wie zu Anfang beschrieben, erlebte der verstärkte Wein weltweit eine starke Rezession. Die Weine waren einfach nicht mehr gefragt und erzielten bei weitem nicht mehr die Preise, die noch im 19. Jahrhundert für sie verlangt und auch bezahlt wurden. Das lag zum einen an der Reblaus- und Mehltauplage, die einen großen Teil der Weinstöcke zerstörte und damit eine schlechtere Qualität der Weine zur Folge hatte. Zum anderen verbesserten sich die Fähigkeiten der Weinbauern, auch herkömmlich hergestellten Wein haltbar zu machen so weit, dass verstärkter Wein im ursprünglichen Sinne nicht mehr notwendig war.
Diese Entwicklung setzten dem Marsala massiv zu. Er verkam zu einem günstigen Produkt für die Küche. Seine Würzigkeit vollendete viele Rezepte für Herd und Backofen. Die Herstellung hat sich immer weiter vereinfacht und schließlich wurden dem Wein während der Herstellung die verrücktesten Zutaten beigemengt. Allen voran natürlich Zucker und schließlich sogar Eigelb. Das sollte dem Marsala mehr Geschmeidigkeit verleihen. Das war bei der minderen Qualität wohl auch bitter nötig. Die Zugabe von Ei hat schließlich dazu geführt, dass viele Menschen bei Marsala gleich an die Zubereitung mit Eiern denken. Doch Vorsicht! Heute ist diese Methode nicht mehr gebräuchlich. Der schlechte Ruf aber hält sich.
1984 wurde dann zum großen Glück für den Wein die Bestimmungen für die Herstellung neu und strenger verfasst. Marsala durfte nun ausschließlich aus Wein hergestellt werden. Die meistgenutzte Traube ist der Grillo. Für den seltenen roten Marsala wird die Nero d’Avola genutzt. Die Zugabe anderer Stoffe ist ausgeschlossen. Auch heute gibt es noch Liköre, die den Anspruch haben, Marsala zu sein. Beim genauen Studieren des Etiketts, wird aber schnell klar, dass es sich nicht um den verstärkten Wein handelt. Seit dem die neuen Bestimmungen umgesetzt werden, steigt die Qualität der Weine wieder merklich an und Marsala kann langsam das Image eines Küchenweins ablegen und findet immer öfter den Weg in die Gläser ambitionierter Genießer.
Beim Marsala werden fünf Altersstufen unterschieden. Die einfachste ist Fine. Die Wein sind nicht älter als ein Jahr. Die Weine der Kategorie Superiore reifen bis zu zwei Jahren im Fass. Beim Superiore Reserva ist die Lagerzeit doppelt so lang. Solera Weine reifen bis zu fünf Jahren. Die ältesten Weine müssen mindestens zehn Jahre reifen und heißen dann Vergine stravecchio.