Whisky aus Japan
Wer die Geschichte vom japanischen Whisky erzählen will, muss die Lebenswege von zwei ganz außergewöhnlichen Männer nachzeichnen. Der eine war der erste, der es wagte, eine Whisky Brennerei auf japanischem, als absolut Whisky fremden Boden, zu eröffnen. Und der andere war der erste Pionier aus Japan, der sich aufmachte, schottischen Whisky bis ins kleinste Detail zu studieren und zu verstehen. Doch beginnen wir zuerst im schottischen Heimatland des Whisky’s.
Die Schotten waren für viele hunderte Jahre die einzigen, die ihren Whisky tranken. Das ändert sich in den 1830er Jahren, als sie damit begannen, ihren Whisky auch kontinuierlich zu brennen und den so entstandenen Grain Whisky mit den herkömmlichen rauen, wilden Malt Whiskys zu vermischten. Der daraus entstandene Blended Scotch traf den Geschmack der Zeit und verbreitete sich in Windeseile auf der ganzen Welt. Auch die 9000 Kilometer bis nach Japan legte der Whisky zurück. Hier fand der Scotch schnell begeisterte Anhänger.
Einer von ihnen war vom schottischen Destillat so sehr faziniert, dass er es sich zur Lebensaufgabe machte, Scotch bis ins letzte Detail zu verstehen. Masataka Taketsuru war der Spross einer Sake Dynastie und hatte schon von jeher viel mit alkoholischen Getränken zu tun. Er wurde 1894 geboren und studierte in Hiroshima Chemie. Seine Absicht war es, sein Studium in Glasgow abzuschließen. Dafür reiste er 1918 nach Schottland. Er fand schnell Anschluss zur Brennergilde und so war es ihm schon wenige Wochen nach seiner Ankunft in Schottland möglich, die erste Destillerie zu besuchen.
Seine erste Station macht Taketsuru in der Longmorn Distillery in der Speyside. Hier wurde er eingehend mit den Geheimnissen des Brennens vertraut gemacht. Die Brennerei arbeitet noch heute und ist hauptverantwortlich für den Chivas Regal. Einige Monate später konnte er die Hazelbourne Distillery in Campbeltown besuchen. Hier erfuhr er alles über den richtigen Umgang mit der Gerste. Er schloss 1920 seine Whiskyreise mit der Bo’ness Distillery in den Lowlands ab, wo er alles über das Blenden von Whiskies erfuhr.
Büste Masataka Taketsuru
Anfang des 20. Jahrhunderts beherrschte noch reines Handwerk das Whisky Geschäft. Keine Computer, Turbohefen oder Überdruck. Alle Arbeitsschritte wurden seit Generationen mündlich weitergegeben. Und in dieser weltabgeschiedenen, ländlichen Szenerie muss man sich den um die halbe Welt gereisten Japaner Masataka Taketsuru vorstellen, der bewaffnet mit Notizbuch und Bleistift alles aufsaugt, was er in Erfahrung bringen kann und alles nach japanischer Akribie niederschreibt.
Whisky ist nicht das einzige, was Taketsuru sein Leben lang aus Schottland begleiten wird. 1920 heiratet er die Glasgowerin Jessie Roberta „Rita“ Cowan. Die beiden reisen im selben Jahr zurück nach Japan.
Zurück in Japan ist Taketsuru mit seinem Fachwissen der Mann mit den profundesten Kenntnissen im Bereich Whisky Herstellung. Als ein solcher Spezialist bekommt er 1924 eine Anstellung als Manager bei Kotobukiya. Das Unternehmen beginnt im selben Jahr mit der Whisky Produktion. Gegründet wurde es 1899 von der zweiten wichtigen Persönlichkeit des japanischen Whisky’s, von Shinjirō Torii. Er nennt seinen ersten Whisky Suntory. Shinjirō Torii war damit der erste Japaner, der Whisky im Land der aufgehenden Sonne herstellte.
Shinjirō Torii, geboren 1879, vertrieb anfänglich Spirituosen und Weine. 1919 verkauft Torii erstmals seinen eigenen selbst abgefüllten Finest Liqueur Old Scotch Whisky. Bis er dann 1923 seine Brennerei in Yamazaki in Betrieb nimmt. In Zusammenarbeit mit Taketsuru bringt er 1929 den ersten reinen japanischen Whisky Suntory auf den Markt. Natürlich spielen Taketsurus Erfahrungen eine erhebliche Rolle bei der Produktion. So wundert es dann auch nicht, dass sich die ersten japanischen Whiskies stark am schottischen Vorbild orientieren. Japanischer Whisky ist noch ausschließlich für den eigenen Markt bestimmt und wird während des Krieges der Japaner viel für die Armee produziert.
Anfang der 1960er Jahre übernimmt Toriis Sohn Saji die Geschäfte von seinem Vater und nennt das Unternehmen in Suntory um. 1973 folgt eine zweite Destillerie in Hakushu. Sie ist die größte Whisky-Destillerie der Welt. Berühmt ist Suntory für ihren Single Malt Yamazaki, der regelmäßig große Auszeichnungen erhält. Der bekannteste Blend ist der Hibiki. Suntory stellt insgesamt etwa zwei Drittel der gesamten japanischen Whisky-Produktion her. 2014 konnte Suntory Jim Beam übernehmen und ist damit einer der größten Spirituosenkonzernen weltweit.
Masataka Taketsuru lenkte für zehn Jahre die Geschicke der Suntory Destillerie, bis er 1934 seine eigene Brennerei auf Hokkaido im Norden Japans eröffnet. Die Gegend um Yoichi erinnerte ihn stark an Schottland und so machte er sich daran, sein Fachwissen nach seinen Vorstellungen bestmöglich umzusetzen.
Dazu zählte auch, dass er wieder sein Notizbüchlein aus den schottischen Tagen aus kramte und die Brennblasen aus Longmorn exakt in Miyagikyo nachbilden lies. So benutzt Nikka auch seit jeher ausschließlich schottisches Getreide und Malz. Selbstredend sind auch die Fässer beim schottischen und japanischen Whisky identisch. Größtenteils sind es amerikanische Weißeichenfässer. Gelegentlich Sherry- oder auch andere Weinfässer. Nur das Wasser, die geografische Lage und damit der Einfluss der Lagerung und das Handwerk unterscheiden die Whiskys von Taketsuru von den schottischen.
1969 nimmt Taketsuru seine zweite Destillerie in Miyagikyo auf Honshu in Betrieb. Wie schon bei Torii übernimmt auch Taketsurus Sohn die Geschäfte und kann Nikka zu einem großen Konzern ausbauen. Die populärsten Marken von Nikka sind der Yoichi Single Malt, der einem Lowland Scotch nachempfunden ist, der Miyagikyo Single Malt, der stark an einen Scotch von den Inseln erinnert und der legendäre Blend Nikka From the Barrel. Besonders interessant ist der Nikka Coffey Malt, der aus 100% gemälzter Gerste in Coffey Stills destilliert wird.
Das Ziel der Japan vor rund 100 Jahren dem schottischen Vorbild nachzueifern, hat so viel mehr als nur eine Kopie entstehen lassen. Mit ihrem Bestreben, dem Scotch so nah wie möglich zu kommen, haben sie den japanischen Whisky zu einem eigenständigen perfekt hergestelltem Destillat erhoben. Sie haben neue Maßstäbe in der Whisky Welt gesetzt und eine große Whisky Nation geschaffen. Japanischer Whisky gehört zu den besten der Welt.
In der jüngsten Zeit wird sogar gemunkelt, dass der kleine asiatische Mitbewerber den übermächtigen Schotten überflügelt. Das hätte vor 20 Jahren niemand zu denken gewagt. Zumal die Schotten auch stets den Anspruch auf den besten Whisky der Welt proklamieren. Aber mit viel Geduld, harter Arbeit und Gewissenhaftigkeit ist es doch möglich, ein Produkt zu schaffen, in dem die Passion und Hingabe der Macher zu schmecken ist. In den letzten Jahren wurden verschiedene japanische Whiskys der beiden großen Häuser als die besten der Welt ausgezeichnet.
2 Comments
Hey Alexander,
ich will meine ersten Schritte in Sachen japanischer Whisky machen. Dein Artikel hilft beim Verständnis. Danke dafür. Wenn japanischer Whisky nur nicht so teuer wäre .
Viele Grüße!
Hallo Whiskybuddy,
vielen Dank für dein Feedback. In der Tat ist Japanischer Whisky recht kostspielig. Den Nikka from the Barrel gibt es in einer 0,5 Liter Flasche. Da fällt der hohe Preis dann nicht ganz so stark auf. Immerhin kannst du dann für 35,- € einen Japaner kaufen.
Viel Spaß beim Genießen,
Alex