Ich kann mich noch an einen Gast im Atlantic Hotel in Hamburg erinnern, der anhand der Güte eines gemixten Corpse Reviver (No.2) die Fähigkeiten eines Bartenders festmachte. Er war der Meinung, dieser Drink, der eine sehr gewissenhafte und genaue Zubereitung verlangt, tauge als Gradmesser für die Skills eines Barmanns.  Was macht den Drink bei seiner einfachen Herstellungsmethode und nur fünf Zutaten so kompliziert?

Corpse Reviver (No.2) Rezept

2cl Dry Gin

2cl Kina Lillet (Cocchi Americano)

2cl Cointreau

2cl Zitronensaft

1 dash Absinth

Alle Zutaten kräftig shaken und in ein vorgekühltes Gästeglas abseihen.

Schwierige Produktwahl

Es ist heute leider gar nicht so einfach, einen anständigen Corpse Reviver (No.2) zu mixen. Einerseits macht die Verwendung vom sehr geschmacksintensiven Absinth die Angelegenheit zu einem Drahtseilakt. Es darf wirklich nur ein Dash in den Drink. Zuviel Absinth würde den Cocktail ruinieren. Als passendes Produkt nennt Steffen Hubert im Corpse Reviver den Absinth von Duplais. Zum anderen kann man heute leider keinen Kina Lillet mehr erwerben. Die Produktion des Produkts wurde zugunsten des Lillet Blance eingestellt. Also muss sich der engagierte Barkeeper hier nach einem Ersatz  umschauen. Eine sehr gute Alternative ist der Cocchi Americano. Der ist dem Kina Lillet mit seiner deutlichen Chinarinde-Bitterkeit sehr ähnlich. Damit ist es möglich, an das Original-Rezept heran zu kommen. Beim Gin vermixe ich persönlich gerne den Tanqueray No.10. Der passt mit seiner fruchtigen Zitrusnote ganz gut zu dem Drink.

Herkunft

Der Corpse Reviver und noch ein weiterer Drink mit dem gleichen Arbeitstitel: Corpse Reviver (No.1) sind die letzten beiden Überbleibsel einer vergessenen Drinks-Kategorie; den Revivers oder Ups. Harry Craddock listet die beiden Cocktails erstmals 1930 im Savoy Cocktail Book. Das sind, obwohl es sie schon viele Jahre vorher gab, auch die einzigen schriftlichen Rezepte, die man noch eindeutig zu den Revivers oder Morning Drinks finden kann. Auch wenn man annimmt, dass die damals noch eigenständige Gattung der Cocktails, also bittered slings überwiegend am Morgen getrunken wurde. Aber mehr Rezepte lassen sich nicht mehr dieser spannenden Gruppe zuordnen.

Morning Drinking

Die Morning Drinks sollten helfen, in den Tag zu finden. Warum man damit nach dem Aufstehen Schwierigkeiten gehabt haben sollte, ist wohl klar. Das wird zweifelsohne mit den „Corpse Slayer“, also den Drinks zu tun gehabt haben, die einen den Abend zuvor fast unter die Erde gebracht haben. Was liegt da also näher, als wieder mit dem anzufangen, mit dem man aufgehört hat? Sicherlich für den Moment ganz hilfreich aber als langfristige Praxis absolut nicht zu empfehlen. Die Drinks, die einem helfen sollten, früh aus dem Bett zu kommen, wurden allesamt mit Bitters versehen, schreibt Ted Haigh in Vintage Spirits and Forgotten Cocktails. Die galten damals noch als reine Medizin. Ich bin mir  sicher die Amerikaner im 19. Jahrhundert waren sehr harte Knaben. Ein Cocktail ist das letzte, an das ich nach einer durchzechten Nacht denke.

Vorsicht mit dem Wiederbeleben

Wörtlich übersetzt bedeutet Corpse Reviver in etwa so etwas wie der Leichenerwecker. Allerdings sollte man mit der Wiederbelebung vorsichtig sein. Harry Craddock selbst schrieb zum Corpse Reviver, dass sich bei schnellem Trinken von vier der Cocktails der positive Effekt der Wiederbelebung in das Gegenteil umschlägt.

Der Vollständigkeit halber das Rezept des Corpse Reviver (No.1):

Corpse Reviver (No.1)

4cl Brandy

2cl Italienischer Wermut

2cl Calvados

Alle Zutaten kräftig shaken und in ein vorgekühltes Gästeglas abseihen.

 

Titelbildquelle: Flickr / Funk Dooby

1 Comment

  1. […] enthält dieser Gin, Kina Lillet, Cointreau, Zitronensaft und Absinth. Doch das Rezept gehört zum Corpse Reviver No.2. Der Corpse Reviver No.1 wird mit Calvados […]

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