Der Boulevardier Cocktail

Ohne die Prohibition wäre der Boulevardier sicher nicht entstanden. Aber warum feiern wir in Europa dann eigentlich den Repeal Day? Der Tag, an dem die Prohibition in den USA sein Ende fand. Es gibt am 04.12 oder direkt am 05.12 viele Parties, die das Ende des trockenen Zeitalters im Geburtsland des Cocktails und der Barkultur feiern. Das ist auch verständlich. Schließlich verhalf die Abschaffung der Prohibition dem Mutterland des gepflegten Trinkens wieder zu einer anständigen Barlandschaft und guten Spirituosen und Drinks. Aber die Prohibition hatte auch ihre guten Seiten. Vor allem in Europa. Viele Barkeeper emigrierten aus den USA, um nicht als Straftäter ihrer Profession nachzugehen. Die meisten von ihnen fanden ihren Weg nach Europa und brachten die Barszene auf dem Kontinent und den Inseln richtig nach vorne.

Harry MacElhone

Einer von ihnen war Harry MacElhone. Eigentlich Schotte, lebte er einige Zeit in den USA und floh 1920 vor der Prohibition. Ab 1923 leitete er die Harry’s New York Bar in Paris auf eigene Rechnung. Die Bar galt als Zufluchtsort vieler in Frankreich lebender Amerikaner. In der Bar konnten sie sich wie zuhause fühlen. Harry wird mit der Entstehung vieler Cocktails in Verbindung gebracht. Ob er sie tatsächlich alle kreiert hat, lässt sich nicht immer zweifelsfrei sagen. Zu seinen ihm nachgesagten Schöpfungen zählen unter anderem der Sidecar, die Bloody Mary, die White Lady oder sogar der French 75. Ein Drink, der ebenfalls auf ihn zurück geht, ist der Boulevardier. Heute würde man sagen, ein Negroni-Twist, bei dem der Gin durch Bourbon ersetzt wird. Also Bourbon, Campari und roter Wermut zu gleichen Teilen.

Wer hat den Boulevardier erfunden?

Ob Harry der Urheber ist, bleibt auch hier wieder im Dunklen. Sicher ist, dass er das Rezept als erster im seinem Werk Barflies and Cocktails von 1927 auflistet. Es befindet sich nicht im Rezeptteil, sondern in dem hinteren Teil des Buches, in dem er seine Stammgäste vorstellt. Bei der Gelegenheit nennt er auch einen jungen Herrn namens Edward Erskine Gwynne (1898-1946). Harry beschreibt, wie der junge Gwynne den Cocktail in der Bar eingeführt haben soll. Er trank den Boulevardier zu gleichen Teilen. Wenn er keine Cocktails trank, schrieb Gwynne an einem amerikanischen Magazin, das in Paris erschien. Der Name des Magazins war The Paris Boulevardier. Wenn es doch immer so einfach mit den Namen von Cocktails wäre! Ganz offensichtlich hat Harry den Cocktail nicht erfunden. Aber immerhin wurde er in seiner Bar zuerst kredenzt und landete auch zu allererst in seinem Cocktail-Buch. Zwei Exil-Amerikaner (auch wenn Harry nur ein halber war, brachte er trotzdem eine ordentliche Portion des American way of life nach Europa), die in Paris den Grundstein für einen unvergessenen Cocktail legten.

Boulevardier Rezept

3cl Bourbon

3cl Campari

3cl Roter Wermut

Alles im Ruhrglas vermischen und in ein Cocktail-Glas geben. Mit einer Cocktailkirsche garnieren.

Boulevardier Cocktail

 

 

Manhattan oder Negroni?

Ted Haigh schlägt in seinem Buch Vintage Spirits and Forgotten Cocktails ein Mischungsverhältnis von 4,5cl Borbon, 3cl Campari und 3cl roten Wermut vor. Das lässt Interpretationsmöglichkeiten, ob der Boulevardier in Richtung Negroni oder Manhatten geht. Aber für mich bleibt der Boulevardier dichter am Negroni. Schon weil MacElhone das Rezept mit gleichen Teilen aller Zutaten angibt. Auch wenn der Drink nicht auf Eis serviert wird. Ich mag in dem Cocktail einen starken dominanten Whiskey wie Baker’s oder Blandon’s Gold. Und dazu passt dann auch der relativ geschmacksintensive Antica Formular von Carpano. Man kann das ganze aber auch etwas leichter aufziehen. Mit Woodford Reserve, etwas weniger Campari und Noilley Prat Rogue.

 

Titelbildquelle: Flickr / Edsel Little

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